Fachkräftesicherung ist eins DER Themen in der ambulanten Pflege. Durch steigende Zahlen Pflegebedürftiger, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ und gleichzeitig abnehmenden Beschäftigtenzahlen ist es umso wichtiger, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, um so Personal zu motivieren, zu binden und natürlich auch zu gewinnen!
Daher wählten wir dieses Thema für unsere Auftaktveranstaltung am 10. Februar 2022 aus, zu deren virtueller Durchführung wir interessierte Unternehmen und Netzwerkpartner*innen einluden. Gemeinsam mit 20 Teilnehmenden lauschten wir dem ersten Beitrag unseres Gastes, Frau Claudia Schöne von der AOK PLUS.
Knapp 1300 neue Pflegebedürftige – monatlich! Das deutet schon bereits heute stark darauf hin, wie viele Pflegebedürftige es ab 2025 geben wird. Rund 300.000 Menschen müssen dann pflegerisch, meistens in der Häuslichkeit, versorgt werden. Hier ergeben sich zum einen Herausforderungen für Angehörige, aber auch für die ambulante Pflege. Die überwiegende Mehrheit der zu pflegenden Personen sind in die Pflegegrade 2 und 3 eingestuft, so Frau Schöne. Nicht nur die künftigen Herausforderungen kommen auf die Pflege zu: Auch in diesem Jahr treten zwei neue Gesetze in Kraft. Frau Schöne berichtete den Teilnehmenden vom Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz(GVWG) und vom Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG), die ab Beginn bzw. im Laufe des Jahres in Kraft treten. Im GVWG wird es zum einen um die Entlohnung nach Tarif, aber auch um die Anhebung ambulanter Sachleistungen sowie um Verordnungskompetenzen bei Pflegefachpersonen gehen. Das DVPMG zielt auf die Stärkung digitaler Anwendungen im Alltag von Pflegebedürftigen ab, damit diese leichter ihre Bedarfe mit Angehörigen und Pflegediensten organisieren können. Diese digitalen Pflegeanwendungen müssen in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen aufgenommen sein, damit Pflegedürftige sie in Anspruch nehmen können. Der Anspruch wird von der Pflegekasse geprüft.
Also: Einige Herausforderungen und Neuerungen für die Pflege, die in 2022 und darüber hinaus auf sie zukommen. Was muss nun also auf organisationaler Ebene getan werden? Der Ansatzpunkt: Gute Bezahlung ist ein Baustein zur Fachkräftesicherung. Wie sieht es aber in den Unternehmen selbst aus? Welche Ansatzpunkte zur Fachkräftegewinnung und -bindung lassen sich auf Prozessebene finden? Frau Schöne stellte dazu die Idee der Selbstorganisation von Pflegekräften im Pflegedienst vor, welche auch ein Bestandteil des niederländischen Buurtzorgkonzeptes ist. (Hier wird zum einen auf Selbstorganisation im Pflegedienst und auf starke Einbindung der Angehörigen und Nachbarn in die Pflege und Betreuung gesetzt. Quelle: https://www.buurtzorg-deutschland.de/) Frau Schöne lud dazu direkt die Teilnehmerinnen und Teilnehmern zum Austausch ein.
Auch PFLEX SACHSEN forciert die Stärkung der ambulanten Pflege in den Bereichen der Arbeitsorganisation. Daher stellte Frau Marit Bartetzko im Anschluss einige Tipps zur Fachkräftesicherung vor, die auf den Erfahrungen in der Projektarbeit aus dem vergangenen Jahr basieren. Beispielsweise ist es zum einen notwendig, gute interne Rahmenbedingungen (zum Beispiel durch Betriebliches Gesundheitsmanagement) zu schaffen und diese dann durch gutes Personalmarketing, z.B. mit Instagram, nach außen zu transportieren. Gute Arbeitsbedingungen werden auch durch einen ordentlichen betrieblichen Arbeitsschutz getragen. Hier setzt zum Beispiel das Projekt E.F.A. an, welches ein Lernspiel zum betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie ein Risikoanalysetool mit anschließender Gefährdungsbeurteilung für den sozialen Dienstleistungssektor entwickelt hat.
Darüber hinaus gibt es in PFLEX SACHSEN nun auch die Möglichkeit, kurzfristigere Begleitung in Anspruch zu nehmen, um mit dem Team kleine Regelungen zur Veränderung und Verbesserung des Miteinanders zu erarbeiten. Diese Regelungen (engl. „Workhacks“) helfen dabei, schnell Veränderungen ohne langandauernden Prozess zu entwickeln und werden , wie auch die Veränderungsprozesse in den Lern- und Experimentierräumen, von den Mitarbeitenden selbst erarbeitet.
Doch auch „der Weg der Kandidat*innen“ (engl. Candidate Journey) sollte von einem Pflegedienst unter die Lupe genommen werden – er bietet einige Ansatzpunkte, um die Fachkräftegewinnung zu steigern, wie uns Frau Luisa Sieloske und Frau Lisa Katharina Rein im Anschluss aufzeigten. Warum sollte man sich damit beschäftigen?
Das spricht für eine gute Gestaltung „des Wegs der Kandidat*innen“:
Dabei gilt es, als Pflegedienst die sechs Phasen gut zu gestalten, in denen eine (potenzielle) Bewerberin oder ein (potenzieller) Bewerber Kontaktpunkte mit dem Unternehmen hat:
Frau Rein betonte zum Abschluss noch:
Natürlich ist es aber in puncto der Fachkräftesicherung auch wichtig, etwas für die bestehenden Mitarbeitenden zu tun und gesunde Arbeitsbedingungen und -abläufe zu schaffen. Daher freuten wir uns sehr, dass auch Herr Andreas Matzke von der Regionalen Servicestelle Betriebliche Gesundheit Vogtlandkreis als Referent bei uns zu Gast war.
Herr Matzke startete gleich mit einem „Chat Gewitter“: Die Frage war, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon für die eigene Gesundheit tun. Die Antwort wurde in den Chat geschrieben und dann auf „Kommando“ abgesendet. Es folgte ein wahrhaftes „Chat Gewitter“ praktischer Gesundheitstipps: Freunde treffen, gutes Essen, Spazierengehen oder Sport waren häufige Antworten. Im Anschluss verdeutlichte Herr Matzke, was denn eigentlich Betriebliche Gesundheitsförderung ist: Zum einen geht es darum, die Gesundheit der Mitarbeitenden durch Präventionsmaßnahmen auf der Verhaltensebene (wie gesunder Ernährung oder Suchtprävention im Betrieb) zu stärken. Zum anderen müssen aber auch gesunde Verhältnisse geschaffen werden, wie angemessene Pausengestaltung oder Arbeitszeitregelungen. Auch die gesunde Führung spielt eine Rolle auf der Verhältnisebene. Was genau aber die Beschäftigten benötigen, lässt sich aus Belastungsscreenings, Mitarbeitergesprächen, Austauschrunden, Willkommensgesprächen nach Abwesenheit oder Auswertung von Arbeitsunfähigkeitsdaten ableiten. Zur Gesundheitsförderung gibt es viele kostenfreie Angebote, die ambulante Pflegeunternehmen nutzen können, wie das PENELOPE-Projekt mit kostenfreien Online-Trainings zu Pausen, emotionalen Belastungen und Entspannung. Oder System P-Stressprävention im Betrieb, ein kostenfreies Angebot zur Verhältnis- und Verhaltensprävention in kleinen Betrieben. Auch die RSBG ermöglicht eine Prüfung der aktuellen Situation, um daraus passgenaue Werkzeuge für die Gesundheitsförderung in der Interaktionsarbeit abzuleiten. Hier kommen Sie zur Umfrage. Man sieht: Gesundheitsförderung im Betrieb ist vielfältig möglich und es gibt viele tolle Unterstützungsangebote.
Es war ein spannender Nachmittag, voller Austausch und Impulse. Fachkräftesicherung ist vielfältig möglich und kann von vielen Unterstützungsangeboten untermauert werden.
Wir, das Team von PFLEX SACHSEN, freuen uns auf 2022 mit Ihnen!